
Synthetische Biologie der Musterbildung
Unsere Gruppe trägt mit einem interdisziplinären Ansatz an der Schnittstelle von Biochemie, Biophysik und synthetischer (Entwicklungs-)Biologie zum Verständnis der Musterbildung in der Biologie bei.
Wir sind fasziniert davon wie die räumliche und zeitliche Organisation biologischer Systeme durch eine Mischung aus biochemischen, physikalischen und mechanischen Faktoren entsteht. Selbstorganisationsphänomene, die zu biologischen Musterbildung führen, zeigen ein unerwartetes und komplexes Verhalten, das sich oft nicht auf Grundlage der einzelnen Komponenten vorhersagen lässt. Dies lässt sich auf allen Ebenen des Lebens beobachten, von den in ihrer Zusammensetzung einfachen bakteriellen Proteinsystemen bis hin zu den komplizierten multizellulären Mustern, die sich während der Entwicklung höherer Organismen ausbilden. Trotz dieser Komplexität und ihrer Allgegenwärtigkeit auf allen Größenskalen basiert die Musterbildung im Allgemeinen auf ähnlichen Konzepten und Mechanismen.
Wir konzentrieren uns derzeit auf zwei verschiedene Skalen der Musterbildung: Wir untersuchen (1) wie minimale prokaryotische Proteinsysteme eine räumlich-zeitliche Organisation auf der intrazellulären Skala erzeugen und (2) wie multizelluläre Muster in Geweben von Säugetieren von (extrazellulären) Proteinkreisläufen gesteuert werden.
Minimale bakterielle Proteinsysteme
Bakterielle Proteinsysteme zeigen trotz ihrer recht einfachen Bauweise (nur wenige Proteine sind beteiligt) ein sehr komplexes Verhalten. Wir nutzen diese Systeme, um allgemeine biochemische und physikalische Mechanismen der Selbstorganisation zu beschreiben, die zugrundeliegenden Designprinzipien der Musterbildung aufzudecken und neue Funktionsweisen wie z.B. den diffusiophoretischen Transport zu entdecken.
Um dies zu untersuchen, nutzen wir die biochemische in vitro Rekonstitution oder „bottom-up“ synthetische Biologie: Wir verwenden gereinigte Proteine und Modellmembranen, um diese zellulären Prozesse im Reagenzglas nachzustellen. Darüber hinaus können wir die Geometrie der Reaktion mit Hilfe von Fabrikationstechniken auf der Mikrometerskala kontrollieren, indem wir beispielsweise zweidimensionale Membranflächen erzeugen oder Reaktionen in Lipidvesikel oder -tröpfchen einkapseln. Dadurch haben wir eine genaue Kontrolle über alle Reaktionsbedingungen und können das Verhalten des Systems mit biochemischen Methoden und Fluoreszenzmikroskopie quantitativ analysieren. Wir sind dann in der Lage, die Reaktionskomponenten zu identifizieren, die für eine bestimmte Funktion notwendig und/oder ausreichend sind, und detaillierte mechanistische Modelle zu erstellen, oft in Zusammenarbeit mit theoretischen Gruppen.
Multizelluläre Musterbildung in Geweben
Um einen ähnlichen Grad an Kontrolle über die Bildung multizellulärer Muster zu erreichen, wie wir ihn in der biochemischen Rekonstitution im Reagenzglas erreichen, nutzen wir Techniken der synthetischen Biologie, Protein- und Zell-Engineering und Optogenetik, um die Proteinschaltkreise, die der Bildung multizellulärer Muster zugrunde liegen, im Detail zu analysieren und nachzubauen. Wir konstruieren und verwenden verschiedene molekulare Werkzeuge wie optogenetische Proteine, fluoreszierende Biosensoren und genetische Schaltkreise, um zelluläre Prozesse präzise zu kontrollieren und zu untersuchen. Gegenwärtig interessieren wir uns besonders dafür, wie extrazelluläre Proteasen und Proteasen der Zelloberfläche eine Vielzahl von Prozessen modulieren, wie z.B. den Umbau der extrazellulären Matrix und die Freisetzung von Wachstumsfaktoren, die die Form und Funktion von Geweben bestimmen.