Förderung des Europäischen Forschungsrates für Max-Planck-Forscher
Der Europäische Forschungsrat (ERC) finanziert eine umfangreiche Studie zur Erstellung hochwertiger Genomdatensätze von 2.000 Personen im Friedrich-Miescher-Laboratorium (FML) in Tübingen
Der Europäische Forschungsrat fördert eine groß angelegte Proof-of-Concept-Studie über eine neue Methode zur Genomsequenzierung namens "Haplotagging". Haplotagging ist ein innovatives Verfahren, durch welches Genome schneller und qualitativ besser sequenziert werden können. Es wurde von Gruppenleiter Frank Chan und seinem Team am Friedrich-Miescher-Laboratorium auf dem Max-Planck-Campus in Tübingen entwickelt. Dank der mit 150.000 Euro dotierten Förderung des ERC sollen hochwertige Genomdatensätze von 2.000 Patienten generiert werden. Damit könnte das Verfahren von der Forschungsidee zur Marktreife gebracht werden und die boomende DNA-Testindustrie revolutionieren.
Möglicherweise wird das Genom eines jeden heute zur Welt gekommenen Europäers irgendwann in seinem Leben sequenziert werden. Eines Tages könnten DNA-Tests Teil von Routineuntersuchungen sein und die individuelle medizinische Versorgung und unser Verständnis des eigenen Körpers grundlegend verbessern.
Haplotagging könnte die Genomsequenzierung revolutionieren
Mithilfe moderner Sequenzierungsmethoden kann man heute bereits innerhalb eines Tages die Gesamtheit aller Gene eines Organismus bestimmen. Problematisch dabei ist das entstehende Puzzle aus Millionen kurzer Gensegmente, die als Resultat der Sequenzierung zunächst nur unstrukturiert vorliegen. Sie müssen erst mühsam geordnet werden, was Zeit und Geld kostet sowie großes Fehlerpotential birgt.
Dieses Problem könnte zukünftig mithilfe des Haplotagging-Verfahrens gelöst werden, welches das Team um Frank Chan 2020 entwickelte, ebenfalls mit Förderung durch den ERC. Chans Methode kann Genomdaten schnell und präzise aufspüren und zuordnen. Der Begriff Haplotagging leitet sich aus dem Englischen ab und meint soviel wie das Markieren einer Gensequenz.
„Bei diesem neuen Verfahren wird die Anordnung des DNA-Strangs gekennzeichnet, bevor man ihn zur Sequenzierung zerlegt. Das ist, wie wenn man die Rückseiten von Puzzleteilen nummeriert, bevor man ein zusammengesetztes Puzzle auseinandernimmt“, berichtet Chan. „Das Verfahren geht einen wesentlichen Schwachpunkt der gegenwärtig vorherrschenden Sequenzierungstechnologien an und erlaubt, die Genauigkeit und Schnelligkeit sequenzierter Daten bei deutlich geringeren Kosten deutlich zu erhöhen“, so Chan weiter.
Ein enorm komplexes Projekt für eine einzelne Forschungsgruppe
In Pilotstudienkonnten Frank Chan und sein Team bereits 2021 zeigen, dass Haplotagging hervorragende Ergebnisse zu einem Bruchteil des bisher erforderlichen Arbeitsaufwands und der Kosten liefern kann. „Wir haben bereits eine Reihe von molekulartechnischen und rechnerischen Herausforderungen gelöst, die weitaus größere Akteure ratlos gemacht haben", so Chan. Mit der ERC-Proof-of-Concept-Finanzierung werden er und sein Team nun eine ambitionierte Studie durchführen, die hochwertige Datensätze von 2.000 menschlichen Genomen generieren wird. Für eine einzelne Forschungsgruppe ist dies ein enorm umfangreiches und komplexes Projekt.
Die Studie soll zu weiteren Erkenntnissen über die Methode führen, um sie für Industrie und Forschung marktfähig zu machen, in der Hoffnung, dass sich Haplotagging bald als neuer Goldstandard für die Genomsequenzierung etabliert.
Proof-of-Concept-Förderung des Europäischen Forschungsrates
Der ERC-Proof-of-Concept bietet eine Starthilfe, um neuen Ideen den Weg zur Marktreife zu ebnen. Die Förderung gilt für Ideen, die im Rahmen eines früheren ERC-geförderten Projekts entwickelt wurden und nun für eine mögliche Anwendung in Industrie und Forschung weiter getestet werden sollen. Die Förderung beläuft sich auf 150.000 Euro für eine Dauer von 12 bis 18 Monaten.